Vom Spielen zum Anziehen, vom Essen Richtung Mittagsschlaf – Übergänge sind für Kleinkinder besonders schwer. Jeder Übergang bedeutet für sie eine komplett neue Situation, auf die sie sich auch komplett neu einstellen müssen. Die Kinderpsychologin Claudia Schwarzlmüller nennt für diese Situation einen wunderschönen Vergleich aus der Erwachsenenwelt: 

„Ein Übergang von einer zu einer anderen Tätigkeit ist für ein Kind in etwa so, also würden Erwachsene mehrmals täglich komplett orientierungslos auf dem Bahnhof in einer für sie unbekannten Stadt ankommen – ohne Stadtplan. Es dauert einfach seine Zeit, bis man ohne Hilfe zwischen Bahngleisen und neuen Eindrücken den Weg zum Hotel etc. gefunden hat.“

Dieser Vergleich war für mich so einprägsam (denn ich stand schon oft völlig orientierungslos irgendwo in der Weltgeschichte herum), dass für mich völlig klar und nachvollziehbar war, warum Routinen und Rituale so wichtig für uns sind. 

Doch trotzdem waren der Gatte und ich skeptisch: forciert man mit den immer gleichen Tagesabläufen nicht geradewegs das viel geängstigte Hamsterrad?

Fakt ist: Routinen und Rituale…

??‍♀️ … helfen vor allem den Kleinsten, Übergänge leichter zu meistern
??‍♀️ … stabilisieren das Sicherheitsgefühl der Kids von klein an.
??‍♀️ … bringen Kindern Verlässlichkeit in den Tagesablauf.
??‍♀️ … fördern deren Autonomieverhalten.
??‍♀️ … bieten weniger Stresspotential und Wutausbrüche, weil die Abläufe immer vorhersehbar sind.

Unsere größte Lehrmeisterin hier war zufälligerweise unsere Tagesmutter von K2. Sie hatte wenige, aber klare, fest ritualisierte Abläufe in allem, was getan wird – und wir haben das einfach übernommen. Diese sind zum Beispiel:

? Nach dem Aufstehen wird als erstes gepinkelt und sich angezogen, erst dann gespielt
? Gegessen wird erst, wenn alle sitzen und der Tischspruch (wiederum aus dem Kindergarten) gesagt wurde.
? Nach dem Abholen von Tamu und Kindi ist zuhause erstmal Snack-, dann Spielzeit.
? Im Anschluss ist Freispiel angesagt, damit nebenher im Haushalt gewuselt werden kann (gerne mit Hilfe der Kinder, aber kein Muss)
? sind alle Familienmitglieder zuhause, gibt es Familienzeit
? zum Schlafengehen gibt es auch immer die selben Abläufe…

…und so weiter und so fort. Wichtig bei uns: Jeder dieser Abschnitte hat einen Namen, also „Anziehzeit“ oder „Freispielzeit“ oder „Aufräumzeit“ und so weiter. Oft begleitet mit einem Spruch oder Lied (am simpelsten: „Snackzeit, es ist so weit…“)

Mittlerweile ist uns Erwachsenen klar:

Für uns haben diese ritualisierte Routinen nur Vorteile! Unsere Kinder (auch der Kleinste mit seinem knappen Jahr) sind viel entspannter, selbstständiger und wir streiten sehr viel weniger darum, ob die Spielzeit nun wirklich vorbei ist und ob wir wirklich jetzt vom Spielplatz losmüssen. Das hätte ich echt nicht gedacht!

Und nach Hamsterrad fühlt es sich definitiv auch nicht an, im Gegenteil! 

Probiert es doch auch einmal aus!